Samstag, 20.07.02

MIDNIGHT
COURT

Der Titel der neuen und bereits dritten CD "Ring the bell - run like hell" macht so richtig deutlich, wofür Midnight Court steht. Es ist im besten Sinne des Wortes ein audiophiles Klingel-Putzen. Die drei "Middies" ziehen kräftig um die Häuser und läuten mit ihrem frischen Sound Sturm. Zunächst klingeln sie bei drei ehrwürdigen Balladen an und erwecken die legendären "As I roved out", "Welcoming Paddy home" und "Salonika" zu neuem Leben. Dann sind die Kollegen aus der Singer/Songwriter-Riege dran. "Caleb Meyer" von Gillian Welch & David Rawlings oder der "Outside track" von Henry Lawson werden aus dem Tiefschlaf gerissen. Und Aaron Shirlow zeigt mit seinem "Omagh Town", daß auch er eine feine Adresse ist, wenn man einen griffigen Song zum Covern braucht. Last but not least kommen die berühmt berüchtigten Jigs und Reels dran. Diese werden so vehement aufgerüttelt, daß sie mit der Band im höllischen Tempo um die Wette rennen.
Das dritte Album läutet eine neue Epoche ein. Dieses Mal wurde etwas Aufwendiger produziert und bei einigen Stücken auch Schlagzeug eingesetzt. Dennoch ist die Band damit nicht in das Folk-Rock Lager gewechselt. Getreu dem Titel des Albums nimmt das Trio immer wieder Reißaus und springt zwischen opulent und unplugged produzierten Titeln hin und her. Geschickt vermeidet man es, in einer der vielen Irish Folk Schubladen zu landen und bietet dem Zuhörer einen äußerst abwechslungsreichen Hörgenuß.
Als Gäste wirken unter anderem mit: Brian O´Connor, der Tin Whistle Spieler von Geraldine MacGowan und Peter Jack, der Bassist von Clannad. Am Schlagzeug ist Mike Witzel, der auch schon für Chris de Burg die Schlagzeugstöcke schwang.
Nachdem das zweite Album "Ear to the ground" von den Medien euphorisch aufgenommen wurde, kann man jetzt gespannt sein, ob "Ring the bell - run like hell" wieder den Nerv der Journalisten und Fans treffen wird. Die Trauben hängen jedenfalls hoch. So schrieb z.B. die englische Musikzeitschrift "Rock ´n´Reel": "Ear to the ground is a treat for the ears and Celtic soul food of the finest order." Und daß dies keine Einzelmeinung war, belegten z.B. überaus positive Rezensionen in der Bibel des Irish Folk, dem Irish Music Magazine oder in der schottischen Living Tradition. Dies bedeutete für Midnight Court den internationalen Durchbruch. Es folgten Tourneen durch die USA, IRL, Skandinavien, Polen oder die Einladung des Staatstheaters Wiesbaden, den Soundrack zu der Dance Show "Irish Soul" zu schreiben, die im Jahre 2001 über dreissig mal aufgeführt wird. In Deutschland gehört die Band längst schon zu den beliebtesten und erfolgreichsten irischen Acts.
Das liegt nicht zuletzt an ihrem sympathischen Auftreten und den mitreißenden Live-Auftritten. Midnight Court beweisen es immer wieder: Irish Folk pur lebt. Und wie! Man braucht nicht viel, um einen proppenvollen Saal in absolute Begeisterung zu versetzen. Ein Akkordeon, Fiddle, Gitarre und exzellente Vocals genügen. Entscheidend dürfte der "Spirit" sein, der in den Musikern lodert, die diese Instrumente spielen und den Funken überspringen lassen. 
Daher hat sich die Bandphilosopie "give the people what they want!" als stimmig bewahrheitet. Denn die Fans sind immer noch richtig Feuer und Flamme für Irish Folk unplugged. Aber mit Biss! Wer das Feuer, das in den Jigs & Reels von Midnight Court lodert, nicht gleich spürt, der kann es zumindest optisch sofort sehen. Die Jungs pumpen Note für Note aus sich heraus und sind spätestens beim dritten Stück patsch naß. Dann wird es Zeit für eine Ballade, die unter die Haut geht und die Augen glänzen läßt. Midnight Court verstehen es, in ihrer Musik die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde einmalig zu mischen. Man fühlt sich mal schwer, mal leicht, mal heiß, mal kalt, aber die ganze Zeit mit beiden Füßen auf dem Boden irischer Tradition.